Heute mal kein Buch, sondern ein schöner Holzkasten, der erzählen kann. Und zwar mit Deiner Hilfe. Das Kamishibai ist eine recht alte Erfindung. Aktuell kommt es hierzulande zu neuem Glanz. Und das völlig zurecht! Wer einmal mit Kindern ab etwa vier Jahren das Erzähltheater ausprobiert, wird wissen warum. Die Faszination ist sofort spürbar. Als ich das erste Mal die Bildkarten für das Kamishibai auspackte und sich vier Kinder vor mich platzierten, herrschte sofort eine unheimliche Ruhe und Spannung im Raum. Für alle Einsteiger und Halb-Profis: Hier stelle ich das kleine Holztheater vor.
Prolog
Als Papa Fuchs und ich in Tokio waren, sahen wir auf der Straße einen älteren Mann, der mit einem Holzkasten – befestigt auf einem Fahrrad – am Straßenrand stand. In dem Kasten steckte ein Bild und der Mann erzählte etwas mit aufgeregter Stimme und hochgezogenen Augenbrauen. Um ihn herum standen ein dutzend Kinder und schauten ihn mit großen Augen an. Wir fotografierten die Szene. Erst viel später fiel der Groschen, dass wir hier ein Kamishibai gesehen haben.
Die Geschichte des Kamishibais
Das Kamishibai ist ein Erzähltheater, das seinen Ursprung in Japan hat. Die wörtliche Übersetzung: „kami“ (紙, Papier) und „shibai“ (芝居, Schauspiel, Theater). Bereits im 12. Jahrhundert erzählten buddistische Mönche Lehren über Papierrollen. Später nutzen japanische Süßigkeitenverkäufer das Prinzip, um ihren Verkauf anzutreiben. Sie bauten einen Holzkasten auf ihr Fahrrad und fuhren von Dorf zu Dorf. In den 50ern waren tausende Erzähler unterwegs. Als das Fernsehen populärer wurde, brach die Kultur deutlich ein. Erst in den 80er erlebte es wieder eine kleine Renaissance – und zwar international. Wenn wir in Deutschland die Suchanfragen über Google vergleichen, wird schnell deutlich, dass bei uns der Trend etwa 2014 in Schwung kam und immer beliebter wird.
Was ist ein Kamishibai?
Das übliche Kamishibai ist ein Holzkasten, in dessen Hohlraum der/die Erzähler*in Bilderbuch-Karten im DIN A3 Format platzieren kann. Das Ganze sieht dann aus wie ein kleiner Fernseher aus Holz. Die Karten werden über eine Öffnung oben oder an der Seite in den Kasten gesteckt.
Für den Theater-Charakter sind zwei Klappen mit Scharnieren befestigt, sodass wir den Holzkasten zu Beginn der Vorführung feierlich öffnen können. Besonders schöner Effekt: Wenn Du als erste Karte einen roten Vorhang in den Kasten steckst. Den kann man selbst malen, ausdrucken oder beim Verlag Don Bosco bestellen (unbezahlte Werbung!). Hier im Video kannst Du Dir das Ganze ansehen.
Wer handwerklich geschickt ist, kann das Kamishibai selbst bauen. Ansonsten gibt es im Handel fertige Holzkästen ab etwa 55 Euro (Hersteller Don Bosco, Wehrfritz Koffertheater, Betzold, KreaShibai multi, …).
Das Holztheater wird gerne in Kindergärten und Grundschulen verwendet. Diese Form der Erzählung lädt Kinder zum Mitmachen und Miterzählen ein. Auch schüchterne Kinder und Kinder, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, werden zum Sprechen animiert und haben viel Freude. Und so ist das Kamishibai ein besonders kreatives und schönes Mittel zur Sprachförderung.
Und womit erzählen wir die Geschichten?
Das Kamishibai bietet diverse Varianten: Du kannst die Geschichte auf DIN A 3 ziehen und ausdrucken oder eine Story selbst gestalten. Vielleicht haben ja Deine Kinder Lust, eine eigene Geschichte zu malen? Verlage bieten auch fertige Karten fürs Bilderbuchtheater an. Die Kosten belaufen sich auf ca. 12 bis 16 Euro pro Geschichte. Einige liefern Begleithefte dazu. Bei manchen ist nur ein kurzer Text dabei und Du brauchst zusätzlich noch das Buch. Demnächst veröffentliche ich einen Beitrag über schöne Kamishibai-Geschichten. Schon einmal vorab: Unser absoluter Favorit sind die Bilderbuchkarten zu Rosi in der Geisterbahn.
Was mich interessiert: Hast Du schon ein Kamishibai? Wenn ja, was sind Deine Lieblingsgeschichten und wie nutzt Du Dein kleines Erzähltheater?